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Galeas per montes, Gardasee

by Redazione Garda Stories
Lesezeit 4 minuten

Torbole

Ein episches Unternehmen, welches die Geschichte des Garda Trentino prägt

Sie fahren ganz entspannt mit dem Schiff zusammen mit anderen Touristen. Sie tragen ein buntes Cap und genießen den sonnigen Nachmittag, während das Schiff durchs Wasser gleitet. Ihre einzige Sorge ist es, den Eisbecher nicht fallen zu lassen, den Sie in den Händen halten, und dass Ihre Kamera nicht ins Wasser fällt. Sie sind von der Landschaft hingerissen und gleichzeitig konzentrieren Sie sich auf die Fotos – Sie denken schon an die Komplimente Ihrer Freunde, sobald sie sie sehen werden. Ein Mann, der sich nicht in Ihrem Blickfeld befand, rempelt Sie aus Versehen an, Sie lassen die Kamera fallen – und keine Sekunde später schwimmt sie in den weißen Wellen, die vom Schiff bewegt werden, sinkt immer tiefer und verschwindet in der dunklen Tiefe des Sees, in einer Spur aus glitzernden Blasen. Nun befindet sie sich im unteren, geheimnisvollen Teil des Sees, in einer ganz anderen Welt. Wenn sie nur jetzt noch fotografieren könnte, was für Landschaften würde sie sehen? Welche Geheimnisse könnte sie erzählen? Ich sage es Ihnen, denn ich kenne sie alle: Sie würde unter anderem Spuren einer alten, unglaublichen Seeschlacht, von der ich Ihnen jetzt erzählen werde. Diese Spuren, die jetzt teilweise durch die Algen verdeckt sind, gehen auf die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück, als eines der skrupellosesten militärischen Unternehmen aller Zeiten durchgeführt wurde – Galeas per montes.

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In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts war das Verhältnis zwischen dem Herzogtum Mailand und der Republik Venedig besonders angespannt. Die Republik Venedig expandierte zu dieser Zeit schnell, und begann sich auch in der Lombardei festzusetzen, beispielsweise in Brescia, das vorhin unter der Kontrolle der Mailänder stand. Das hielt allerdings nicht lange an, da der Mailänder Herzog Filippo Maria Visconti wenige Jahre später alle Städte wieder eroberte. Seine Kapitäne erlangten somit die Kontrolle über den gesamten südlichen Gardasee, mit Ausnahme von Brescia, das umringt und belagert wurde. Die Einwohner Brescias baten verzweifelt den venezianischen Senat um Hilfe.

Der venezianische Kleine Rat versammelte sich, um die nächsten Schritte zu planen. Die Lage war komplex: Die Mailänder hatten sich in den Burgen von Desenzano und Peschiera verbarrikadiert, und ein direkter Kampf hätte zu viele Ressourcen gekostet. Die einzige alternative Möglichkeit, um die belagerte Stadt zu erreichen, war der Weg über den südlichen Gardasee. Eine Flotte könnte den See durchqueren, die Seestreitkräfte des Herzogtums bei Desenzano überrumpeln und über Norden angreifen. Doch wie sollten die Schiffe nach Torbole oder Riva transportiert werden, die von Bergen umgeben waren? Ein Ingenieur und ein griechischer Marineoffizier arbeiteten einen verrückten Plan aus. Es handelte sich um ein noch nie versuchtes Unternehmen: Sie würden die schweren Schiffe auf dem Landweg transportieren, über den Gebirgspass Passo San Giovanni.

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Im Januar 1439 wurde eine Flotte aus acht Galeeren und Fregatten und 25 größeren Booten über die Etsch flussaufwärts bis nach Mori geführt. Der Wasserspiegel war so niedrig, dass an den weniger tiefen Stellen Holzschwimmer eingesetzt wurden, um das Gewicht zu reduzieren und die Schiffe nicht zu beschädigen. Nach der ersten Strecke über die Etsch wurden die Schiffe auf Land geschleppt und auf riesige Holzhalterungen geladen, die für den Anlass gebaut worden waren. Erdarbeiter, Zimmerer und Schreiner hatten innerhalb kürzester Zeit eine lange Strecke aus Holzplatten gebaut, um das enge Loppiotal hinaufzusteigen. Dafür wurde der Boden geebnet, Bäume wurden ausgerissen, Felsblöcke wurden entfernt und sogar zwei Landhäuser wurden abgerissen. Nach der langen Vorbereitungsphase kam endlich die Flotte in Bewegung. Für den Transport wurden über 2.000 Rinder, Hunderte von Sklaven und mehrere Männer aus der Umgebung eingesetzt.

Die größte Herausforderung war allerdings nicht der Aufstieg zum Passo san Giovanni – dafür reichte die immense körperliche Anstrengung – sondern der steile Weg hinunter nach Nago und Torbole. Für diese Phase mussten die Venezianer kreativ sein, um den Abstieg der schweren Schiffe abzubremsen. Sklaven und Rinder zogen die Seile Richtung Berg, die Seile wurden an alten Olivenbäumen befestigt, die teilweise durch das schwere Gewicht entwurzelt wurden. Für den Abstieg zum Tal Santa Lucia, das nach Torbole führt, warteten sie bis zum Nachmittag, da um die Uhrzeit die Ora Richtung Norden bläst, sodass sie auch die Segel setzen konnten, um die Schiffe abzubremsen.

Nach zwei anstrengenden Wochen, nachdem Tausende von Menschen dabei geholfen hatten, nachdem ein Kapital ausgegeben wurde, ließ man die Schiffe bei Torbole wieder zu Wasser: Venedig war bereit für die Schlacht.

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Die Schiffe der Republik Venedig durchquerten den See von Norden nach Süden und griffen den Gegner vor Desenzano an. Allerdings blieb der Überraschungseffekt aus, weil der Plan über das Galeas per montes durch das ganze Getümmel vorher durchgesickert war. Die Mailänder hatten sich darauf vorbereitet und gewannen die Schlacht – sie vereinnahmten einige der Schiffe, sodass es nur zwei Galeeren zurück nach Torbole schafften.

Trotz der Niederlage wurde der Plan nicht aufgegeben, da die Venezianer feststellten, dass er durchaus funktionieren konnte – sie mussten ihn nur perfektionieren. Brescia wurde nicht befreit, aber da sie die Kontrolle über den nördlichen See hatten, konnten die Venezianer für ein weiteres Jahr die Belagerten mit Waren und Lebensmitteln versorgen.

Im Laufe des Jahres 1439 wurde eine weitere, größere und stärkere Flotte nach Torbole transportiert. Die Venezianer warteten bis April des Folgejahres, um sich gut vorzubereiten und die kleinen Transportschäden zu reparieren. Als die Mailänder endlich den Gardasee hinaufgingen und die zwei Flotten vor Ponale wieder aufeinandertrafen, gelang es den Venezianern, die Mailänder zu besiegen. Infolgedessen konnte der gesamte Gardasee unter venezianische Kontrolle gebracht werden.

Alle Rundwege des Garda Trek berühren jene Orte, an denen vor fünf Jahrhunderten Galeeren und Fregatten transportiert wurden, zwischen Nago und dem Tal Santa Lucia. Können Sie sich dieses unglaubliche Schauspiel vorstellen? Die Schreie, die Geräusche der Schiffe auf dem Holz, die Befehle in dem unverwechselbaren venezianischen Akzent. Und davor der Gardasee, der ruhig auf das Ende dieses epischen Unternehmens wartete.

Garda Trek ist nich nur eine Wandertour, sondern vor allem eine Wanderung, die Orte und Ereignisse wieder in Erinnerung ruft, die schon lange in Vergessenheit geraten sind, die das Garda Trentino für immer prägten und es verdient haben, zu neuem Leben erweckt zu werden.

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