Wind und See kann man nicht voneinander trennen. Das Wissen die Athleten der Fraglia della Vela in Riva del Garda, eines der weltweit aktivsten Segelclubs.
Man sagt, dass das Gold des Gardasees seine Winde sind. Dem kann ich nur zustimmen.
Ohne sie würde ich gar nicht existieren, aber bevor ich Ihnen davon erzählen, möchte ich sie Ihnen vorstellen: Ander, Vinessa, Fasanella, Boaren, Ponal, Pelér. Der wichtigste ist aber der Ora, der von Süden nach Norden bläst und die sonnigen Tage im Frühling und Sommer bevorzugt. Wenn man gegen 10 Uhr morgens von Riva Richtung Monte Baldo blickt, sieht man kleine Wolken aufsteigen, die wir hier „Balloni dell’Ora“ nennen. Das ist ein unverwechselbares Zeichen: Am Mittag wechselt der Pelér, der von Norden nach Süden bläst, seine Richtung, und wird durch den Ora ersetzt, der bis zum Sonnenuntergang in die Segel der Segelboote und der Windsurfer blasen wird – davon gibt es hier ganz viele. Wenn Sie sich gerade fragen, wer für diese ganzen bunten Dreiecke auf der Wasseroberfläche verantwortlich ist – ich bin es.
Meine Geschichte beginnt kurz vor dem Krieg, 1915, als der damalige Gouverneur des Gardasee-Gebiets im Dienste der Österreichisch-Ungarischen Monarchie seinen Kutter Sirius absichtlich in Torbole sinken lässt und sich nach Österreich davonmacht.
Am Anfang der 20er Jahre, wenn der Krieg bereits vorbei ist, Einwohner von Riva fischen den Sirius auf, erneuern ihn und taufen ihn in Galeotto um: Das ist das erste Flaggschiff einer Seglergruppe, die wenige Jahre später, 1928, mich gründen – die Fraglia di Riva, deren erstes Ziel die Entwicklung der Segelkunst ist, sowie die Förderung dieser Sportart durch Wettkämpfe.
Ich schulde diesen ungewöhnlichen Namen „Fraglia“ Gabriele d’Annunzio, der zu meiner Gründung beitrug. Der Dichter verwendete einen Begriff, mit dem die Venezianer im Mittelalter Kunst- und Berufskörperschaften sowie Bruderschaften nannten, und der in sich die Werte und die Etymologie des Wortes Brüderschaft, „fratellanza“ trug. Die Einwohner Rivas dankten dem Dichter im Jahr 1937 für seine Geste mit einem Brief, in dem er zu Präsidenten des Clubs ab aeterno ernannt wurde. Er akzeptierte mit großer Freude die Ehre, das Angebot, den Titel, die Ewigkeit.
Das Sportzentrum befindet sich gegenüber der Rocca von Riva, getrennt durch einen schmalen Kanal. Es wurde in den 30er Jahren vom Architekten Giancarlo Maroni gebaut, einem sehr guten Freund von D’Annunzio, der viel zur Entwicklung der Stadt zwischen den zwei Kriegen beitrug. Damals standen hier nur wenige Boote, der Segelsport am Gardasee stand noch am Anfang – heute ist kaum Platz für alle da. Der Wind Ora, der in all den Jahren nie aufgehört hat, regelmäßig zu blasen, schafft die optimalen Bedingungen für diese Sportart, die in weniger als einem Jahrhundert Tausende von Menschen und Mannschaften aus aller Welt angezogen hat. Die Bewegung, die als kleiner Verein von Segelliebhabern gestartet war, vergrößerte sich weiter ab 1951, als die erste Internationale Segelwoche Intervela organisiert wurde, die seitdem jedes Jahr stattfindet. Durch diese Veranstaltung wurde der Gardasee mit der Zeit auch im Ausland immer bekannter, bis ich 2012 den Guinness-Rekord für die größte Monoklasse-Regatta gewann, mit 1.055 Teilnehmern bei der 30. Ausgabe der Meisterschaft Garda Optimist.
Riva del Garda ist der Start und das Ziel aller Rundwege des GardaTrek und die Fraglia della Vela ist zweifelsohne ein wahres Symbol dieser Stadt. Ein Segelzentrum, das seinen ungewöhnlichen Namen vom Dichter Gabriele D’Annunzio bekommen hat, und das sich im Laufe der Jahre international beweisen konnte, bis es sogar den Guinness-Rekord für die Monoklasse Regatta mit der höchsten Teilnehmerzahl gewann. Das scheint fast im Widerspruch mit einem Segelzentrum mitten in den Bergen des Trentino, so nah an den Alpen zu stehen.
Doch gerade diese enge Beziehung zwischen See und Bergen macht die Identität des Garda Trentino aus, das viele mit einem skandinavischen Fjord verglichen haben – allerdings mit mediterranem Flair.